England-Reise Frühjahr 2011 [17]

Und so sieht das Hauptgebäude von Salford Hall [links übrigens der „Neubau“] aus der Nähe aus:

Salford hall
Salford Hall - Hauptgebäude

Der linke Teil ist, wie schon gesagt, der „Neubau“ von 1602. Der rechte Teil, in Fachwerk [„timber framed„] stammt wohl aus dem 15. Jahrhundert. Und in diesem Teil des Hotels, ganz oben links, über dem Erker, war unser Zimmer. Es war zwar etwas anstrengend, die Treppen [einen Lift gab es nicht] hochzusteigen, aber dafür entschädigte dann die Aussicht.

Rechts, im älteren Teil, haben wir dann nach unserer Bootstour gewohnt, im ersten Stock, direkt über der Bar [die unteren beiden Fenster]. Das erwies sich in der ersten Nacht leider als ganz schön unpraktisch, weil da eine ziemlich laute Truppe war, die uns immer wieder – bis so etwa 01:30 Uhr – mit lautem Reden und Lachen geweckt hat.

Aber zurück zum Positiven:

Salford Hall ist wirklich mein Lieblingshotel in England [knapp danach gefolgt von „The Shaven Crown“ in Shipton-under-Wychwood]. Es fängt schon bei der Außenansicht an: der Kontrast zwischen dem aus honigfarbenem örtlichen Sandstein – typisch für die Region der Cotswolds – gebauten „neuen“ Teil mit seinen bleiverglasten Fenstern und dem in Fachwerkstil [„timber framed„] erbauten älteren Teil mit seinen weißgetünchten Wänden und den schwarzgestrichenen Balken. Und dieser positive Eindruck setzt sich innen, in der Eingangshalle, fort, die – teils holzvertäfelt – geprägt wird von einem riesigen offenen Kamin, darüber ein prächtiger Gobelin und mit einer sehr gemütlichen Sitzgruppe davor, einladend zum Lesen der ausliegenden Zeitungen bei einem – wie sollte es auch in England anders sein – Tee.

Einladend für die „Tea Time“ – aber auch sonst – ist auch der ehemalige Innenhof, heute modern eingerichtet und überdacht, als „Conservatory„. Und dann wäre da noch die kleine aber gemütliche Bar, einladend für den Aperitif vor und weitere Drinks nach dem Essen im „Stanford Room„, einem der beiden Restaurants des Hauses, die beide eine ausgezeichnete moderne britische Küche servieren. Im „Stanford Room“ wird dann auch das Frühstück serviert, manchmal á la carte und manchmal als Büffet, aber immer gut englisch, mit all den Auswahlmöglichkeiten, die ein gutes „cooked breakfast“ bietet.

Und hier dann noch etwas zur lokalen Geschichte:

Abbot’s Salford [früher Salford Minor] und sein Nachbarort, Salford Priors [früher Salford Major], gehen beide zurück auf das schon im Jahr 708 [nach anderen Quellen 714] urkundlich erwähnte Saltford. Dieser Name leitet sich her aus „ford“ = „Furt“ und „salt“ = „Salz“, deutet also darauf hin, dass hier eine Furt des Salzweges von Droitwich nach Hillborough den Fluss Arrow durchquerte – und eine andere übrigens den Fluss Avon. Im Jahre 708 schenkte König Kenred von Mercia das Land dieser beiden Ortschaften der Abtei Evesham, die von Abt Sankt Egwin gegründet worden war. Salford Minor – also das heutige Abbot’s Salford – verblieb im Besitz der Abtei bis zur Auflösung der Klöster [Dissolution of the Monasteries] durch Heinrich VIII. Ca. 1484 hatte Abt William Upton hier ein Landhaus für die Mönche von Evesham erbauen lassen, ein Teil dessen heute in das Gebäude von Salford Hall einbezogen ist. Nach der Auflösung gingen die Abtei und alle dazugehörigen Ländereien, einschließlich Abbot’s Salford, im Jahr 1543 als Geschenk des Königs an Philip Hobby. Im letzten Jahr der Regierung Heinrichs VIII wurde Abbot’s Salford Salford an einen gewissen Anthony Littleton verkauft und ging dann später, durch Heirat, da Littleton keinen männlichen Erben hatte, an John Alderford, der den heutigen, den „neuen“ Teil von Salford Hall erbauen ließ. Auch John Alderford hinterließ keine männlichen Erben und so ging der Besitz – wiederum durch Heirat – an Charles Stanford, der das Gebäude endgültig fertigstellte. Die Familie Stanford – katholisch übrigens, ebenso wie die Alderfords, und auf der Seite der Royalisten im Bürgerkrieg – besaß das Gebäude bis zum Jahre 1811, als das Geschlecht der Stanfords ausstarb. Im Jahre 1803 [lt. anderen Quellen 1807] wurde das Gebäude an Nonnen, die aus dem französischen Cambrai herübergekommen waren und hier eine Konvent  einrichteten, ausgeliehen, die es bis 1838 nutzten. Aus diesem Grund ist das Gebäude übrigens unter Einheimischen immer noch als „The Nunnery“ bekannt. Nach dieser Zeit wechselte es im Laufe der nächsten 150 Jahre mehrfach den Besitzer, stand aber weitgehend leer, bis auf kurzfristige Vermietungen – gelegentlich auch bewohnt von Verwaltern – und verfiel daher zum Teil, bis es schließlich von Grund auf renoviert und saniert und in ein Hotel ungewandelt wurde.

Und abschließend noch ein paar Randbemerkungen:

Was ich erst im Nachhinein erfahren habe – und das ist schade, weil ich es gerne in Augenschein genommen hätte: Salford Hall hat eines der besten Exemplare eines „priest hole„, wohl zurückzuführen auf die Tasache, dass das Haus auch während der Reformation und der damit verbundene Verfolgung katholischer Priester im Besitz einer praktizierenden katholischen Familie war. Wie dem auch sei, ein „priest hole“ ist ein verborgenes Versteck für einen Priester. Her in Salford Hall verbirgt es sich hinter einem Wandschrank. Öffnet man die Tür zu diesem Schrank, so sieht man nichts als einige kleine Regale. Erst wenn man einen verborgenen Stift zieht, kann man die Rückwand einschließlich der daran befestigten Regale hoch- bzw. zurückschwingen und der Blick wird frei auf das Versteck, einen winzigen Raum von gerade mal 1,20 Metern Tiefe. Von innen konnte die Rückwand übrigens mit einem kräftigen Riegel gesichert werden.

priest hole
Das "Priest Hole" in geschlossenem Zustand
priest hole
Das "Priest Hole" in geöffnetem Zustand

Beide Bilder sind etnommen aus: Allan Fea, Secret Chambers and Hiding Places: Historic, Romantic, & Legendary Stories & Traditions About Hiding-Holes, Secret Chambers, Etc. (1901)

Und was ich auch erst im Nachhinein erfahren habe, aber das zu erleben, darauf kann ich gut verzichten: In Salford Hall geht es um – so sagt man jedenfalls. Unter Anderem soll es dort geben:

  • Kichernde Geister junger Mädchen im Bereich der Rezeption.
  • Das Gespenst einer Nonne soll das Untergeschoss heimsuchen.
  • Die Geister zweier Priester sollen oft im Hof gesehen worden sein.
  • Häufig sollen die Geister von Mönchen erschienen sein.
  • Der Geist eines Stalljungen soll in mehreren Räumen eine üblen Geruch hinterlassen.

Das Alles – und mehr Paranormales – kann man auch als Unterhaltung buchen: ein Abend und eine Nacht mit Wahrsagern, Kartenleser und Gespenstern.

4 Gedanken zu „England-Reise Frühjahr 2011 [17]

  1. Ha! Hier war ich schon mal! Nicht in dem Hotel, sondern bei diesem Beitrag. 🙂 Die ganze Zeit beim lesen dachte ich mir, das kenn ich doch von irgendwo. 🙂 Muss hier irgendwann mal „quergeschnuppert“ haben.
    LG Gabi

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  2. Sehr interessant und infromativ Dein Bericht. Das Hotel schaut sehr schön aus. Ist Dir wenigstens einer der Geister erschienen? 🙂
    Der Geist des Stalljungen, der üble Gerüche hinterlässt, gefällt mir. Ob den nicht jemand erfunden hat, der damit seine eigenen Blähungen oder so auf einen Geist schieben wollte. 🙂
    lg Gabi

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    1. Hallo Gabi,
      danke für’s Vorbeischauen und für den Kommentar. Salford Hall ist wirklich absolute Spitze, was das Aussehen angeht – finde ich jedenfalls. Mein Lieblingshotel in England. Und ideal gelegen, wenn man Stratford-upon-Avon, Oxford, Warwick und die Cotswolds ansehen will.
      Ein Geist ist mir da allerdings während all meiner Aufenthalte noch nie erschienen. Muss ja auch nicht sein – auch wenn er nur üble Gerüche verbreitet. Deine Erklärung dazu finde ich übrigens wirklich lustig! 😉
      Liebe Grüße,
      Pit
      P.S.: Und danke für all die vielen Kommentare in meinen verschiedenen Blogs. Hast ja eine ganze Menge gelesen und geschrieben.

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